Laut einer kürzlich
veröffentlichten Studie der Freien Universität Bozen und der
Stockholm School of Economics haben italienische Unternehmen,
die von Geschäftsführerinnen geleitet werden, im Durchschnitt
mehr Frauen in Führungspositionen als solche, die von Männern
geführt werden. Diese Korrelation ist jedoch schwächer, wenn die
Geschäftsführerin nicht über ausreichende
Entscheidungsbefugnisse verfügt oder wenn es sich um ein
Familienunternehmen handelt.
„Auch wenn wir keine Kausalität nachweisen können, deuten
unsere Ergebnisse darauf hin, dass weibliche CEOs eher als ihre
männlichen Kollegen dazu neigen, die Zahl weiterer Frauen in
Führungspositionen zu erhöhen", sagt Marco Mismetti, Dozent am
House of Innovation der Stockholm School of Economics und einer
der beiden Autoren der Studie. „Eine plausible Erklärung könnte
sein, dass Menschen dazu neigen, Personen einzustellen, die
ihnen ähnlich sind, oder dass die Präsenz einer weiblichen CEO
andere Frauen ermutigt, Führungsrollen zu übernehmen. Es sind
jedoch weitere Untersuchungen erforderlich, um diese Mechanismen
besser zu verstehen."
Das Forschungsteam analysierte die Ergebnisse eines
Fragebogens, der an die CEOs von 153 italienischen Unternehmen
verschickt wurde. 17 davon wurden von einer Frau geführt - ein
Umstand, der allein die aktuelle Geschlechterungleichheit in
italienischen Unternehmen widerspiegelt. Die Ergebnisse, die in
einem im Journal of Business Research veröffentlichten Artikel
vorgestellt wurden, zeigen, dass der Anteil von Frauen im
Top-Management-Team (TMT) in Unternehmen mit einer weiblichen
CEO im Durchschnitt um 21 Prozent höher ist. Das Forschungsteam
unterstreicht, dass damit noch kein Beweis erbracht ist, dass
Frauen mehr weibliche Führungskräfte einstellen. Die Studie
zeige lediglich den Zusammenhang zwischen der Präsenz einer
weiblichen CEO und einem höheren Frauenanteil im TMT auf.
Um die Bedingungen zu verstehen, die diese Beziehung
beeinflussen können, untersuchten die Autor:innen mehrere
Variablen, darunter die Entscheidungsautonomie der CEO sowie die
Eigentumsstruktur, also Familienunternehmen und Unternehmen, die
nicht im Familienbesitz sind. Sie fanden heraus, dass der
Vorstand mindestens 58 Prozent der strategischen Entscheidungen
an die weibliche CEO delegieren muss, damit sich dies positiv
auf den Anteil von Frauen im Top-Management auswirkt. Liegt
dieser Wert darunter, ist der Zusammenhang statistisch nicht
mehr signifikant. Die Entscheidungsbefugnis wurde anhand der
Frage gemessen, wer innerhalb des Unternehmens die wichtigsten
strategischen Entscheidungen trifft, um dann den Anteil der
Entscheidungen zu berechnen, den die CEO kontrolliert oder
delegieren kann.
Die Ergebnisse zeigen auch eine besondere Herausforderung für
Familienunternehmen auf. In der Stichprobe waren 79 der
Unternehmen als solche definiert, sprich eines oder mehrere
Familienmitglieder besitzen mindestens 50 % des Kapitals. In
diesen Unternehmen ist die Präsenz einer weiblichen CEO nicht
mit einem höheren Anteil von Frauen im Führungsteam verbunden,
selbst wenn die CEO über umfassende Entscheidungsbefugnisse
verfügt. „Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass es nicht
ausreicht, eine Frau zur Geschäftsführerin zu ernennen", sagt
Co-Autorin Paola Rovelli, Professorin an der Fakultät für
Wirtschaftswissenschaften der Freien Universität Bozen. „Was
wirklich den Unterschied macht, ist, ob sie die Befugnis hat,
das Top-Management zu gestalten und strategische Entscheidungen
zu treffen. Familienunternehmen stellen offenbar eine besondere
Herausforderung für Frauen dar und könnten Unterstützung
benötigen, um den Einfluss familiärer Dynamiken auf
Führungsentscheidungen besser zu erkennen."
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